© Fatoumata Diabate
13. Dezember 2023

COP28: Die Hoffnung auf einen raschen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe wurde gedämpft

© Fatoumata Diabate

Die Klimakonferenz COP28 begann mit einem Paukenschlag, als der Fonds für Verluste und Schäden gleich zu Beginn verabschiedet wurde. Doch die Hoffnung vieler Länder wurde bald gedämpft. 

«Zum ersten Mal gab es eine offene Debatte über die Abkehr von der auf fossilen Brennstoffen basierenden Wirtschaft und die notwendige sozial-ökologische Transformation. Die Staaten haben es jedoch nicht geschafft, diese Debatte in eine historische Entscheidung zu verwandeln», sagt Christina Aebischer, Klimaexpertin der NGO Helvetas.

Zwar ruft die Weltgemeinschaft erstmals zu einem Übergang weg von fossilen Brennstoffen wie Öl, Gas und Kohle und hin zu erneuerbaren Energien auf. Der zuvor von über 100 Staaten geforderte Ausstieg («phase out») kommt im Abschlusstext aber nicht vor. Für Helvetas, die Schweizer Organisation für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe, ist die Abschlusserklärung der COP28 daher eine Enttäuschung.

Todesurteil für Inselstaaten?

2023 ist das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Die Stürme werden stärker und die Dürren länger, und wir haben für ein paar Tage fast die 1,5°C-Grenze für die Erwärmung erreicht. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Dennoch ist der Text zum Thema Energie ein «Todesurteil», wie es die Regierungen der Gruppe der kleinen Inselstaaten ausdrückten. Er befürwortet Lösungen, die zu schwach sind, um den Übergang zu beschleunigen und die 1,5°C-Grenze des Pariser Klimaabkommens in Reichweite zu halten.

«Zwar haben sich die Staaten auf eine Verdreifachung der erneuerbaren Energien und eine Verdoppelung der Energieeffizienz bis 2030 geeinigt, aber das muss mit einem schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe einhergehen», betont Christina Aebischer. «Die neue Sprache zum Ausstieg aus der Nutzung fossiler Brennstoffe ist ein erster kleiner Schritt in diese Richtung. Es ist jedoch dringend notwendig, klare Ziele zu setzen und einen fairen und gerechten Übergang zu gewährleisten». Für die Schweiz heisst das: Das Parlament muss das CO2-Gesetz zur Umsetzung der Klimapolitik entsprechend nachbessern.

Falsche Lösungen im Energiebereich

Der Abschlusstext öffnet die Tür für falsche Lösungen. Während das enorme Potenzial einer Energieversorgung, die auf Sonne, Wind, Gezeiten und Geothermie basiert, noch nicht vollständig ausgeschöpft ist, wurden auf dieser COP28 hochriskante Lösungen propagiert. Dazu gehört zum Beispiel die Kernenergie. Atomenergie ist keine Alternative: Die Risiken sind bekannt und das Abfallproblem ist ungelöst, die Technologie ist zu teuer und der Bau neuer Kraftwerke dauert zu lange. Oder die Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid: eine noch wenig erforschte und sehr teure Technologie.

Schliesslich werden die Auswirkungen der Kohlenstoffmärkte und die Ausgleichsregeln in anderen Ländern im Text vernachlässigt. Dies wird zu Handelspraktiken führen, die nicht nur das 1,5°C-Ziel verwässern, sondern auch die Ökosysteme und Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen schädigen werden. Die Kompensation von Treibhausgasreduktionen in armen Ländern ist kein gleichwertiger Ersatz für nationale Emissionsreduktionen. Dies gilt auch für die Schweizer Klimapolitik, die nach wie vor sehr stark auf Auslandkompensationen setzt.

Gerechter Übergang für Entwicklungsländer

Für einen gerechten Übergang («Just Transition») hin zu erneuerbaren Energien und mehr Energieeffizienz müssen ärmere Entwicklungsländer finanziell angemessen unterstützt werden. Sie müssen dafür entschädigt werden, dass sie «ihre fossilen Brennstoffe im Boden lassen».

Über Jahrzehnte hinweg haben die Industrieländer fossile Brennstoffe verbraucht, und sind dadurch reich geworden. Angesichts des Klimawandels haben sie nun ein Interesse, dass die Entwicklungsländer ihre Öl-, Gas- und Kohlereserven nicht ausbeuten. Den Übergang zu nachhaltiger Energie müssen die Industrieländer daher mitfinanzieren, wie es im Pariser Klimaabkommen festgelegt ist.

Die Anpassung hat weder die Sichtbarkeit noch die erwarteten Mittel erhalten

Auch im Bereich der «Anpassung an den Klimawandel» sind die Ergebnisse der Konferenz – angesichts des hohen und steigenden Bedarfs an Anpassungsleistungen in vulnerablen Ländern (vgl. Adaptation Gap Report 2023) – unzureichend.

Damit sich die ärmsten und verwundbarsten Länder an die negativen Folgen der globalen Erwärmung anpassen können, muss die Finanzierung der Anpassung durch die Industrieländer verdoppelt und der Anpassungsfonds gestärkt werden. Die Finanzierung der Anpassung muss aus öffentlichen Mitteln stammen und auf Zuschüssen und nicht auf Krediten basieren. Diese Mittel sollten gemäss Klimaabkommen neu und zusätzlich zu den Entwicklungshilfe-Budgets der Industrieländer bereitgestellt werden. Hier ist auch die Schweiz gefordert, die spätestens an der nächsten COP ihre Beiträge wird ausbauen müssen.

Fonds für Verluste und Schäden: Was nun?

Die Unfähigkeit, den Klimawandel abzuschwächen und sich an die negativen Folgen des Klimas anzupassen, führt zu einem Anstieg von Schäden und Verlusten. Zwar wurde ein neuer Katastrophen-Fonds eingerichtet. Es ist aber noch offen, wie der Fonds letztendlich finanziert werden soll und wie sich der Verwaltungsrat zusammensetzen wird – eine wichtige Entscheidung, um den direkten Zugang des Fonds durch gefährdete Gemeinschaften zu gewährleisten. Zentral ist, dass der Fonds aus neuen verursachergerechten Quellen und mit Unterstützung des Privatsektors und nicht nur aus öffentlichen Mitteln finanziert wird. Neben finanziellen Ressourcen ist auch technische Unterstützung erforderlich.

Noch nie in der Geschichte war die Wirtschaftslobby für Kohle, Öl und Gas, aber auch der grossen Nahrungsmittelkonzerne und der Kohlestoffmärkte so stark vertreten wie auf der diesjährigen Klimakonferenz. Die COP droht zu einem Forum zu werden, an dem Geschäfte gemacht werden. Ebenfalls drohen die COPs zu gross zu werden (die Schweizer Delegation ist eine der kleinsten Delegationen): Kleinere und ärmere Nationen sind kaum in der Lage, den Vorsitz auszurichten und somit ihren Führungsraum zu beanspruchen. Es ist dringend notwendig, diese Situation zu ändern.