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Tücken des digitalen Nachlasses

Immer mehr Menschen haben ein Facebook-Konto, kaufen online ein, speichern ihre Fotos auf einer Cloud oder investieren in Kryptowährungen. Was passiert mit dem digitalen Nachlass nach dem Tod?
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Wer sein digitales Erbe frühzeitig regelt, kann den Angehörigen die Abwicklung des digitalen Nachlasses erleichtern. Die Erbrechtsspezialistinnen Alexandra Zeiter und Salome Barth von der Kanzlei Strazzer Zeiter Rechtsanwälte geben Auskunft und Tipps.

Spezialistinnen und Experten arbeiten mit verschiedenen Kategorien:

- Auf Speichermedien aufbewahrte Dateien wie Fotos und Dokumente

- Benutzerkontos z.B. von sozialen Medien und kostenpflichtigen Abos

- Kryptobasierte Vermögenswerte

- Domain-Namen für Webseiten

- Digital festgehaltene geistige Schöpfungen des Erblassers, der Erblasserin wie etwa Texte oder Musik

- Forumsbeiträge, Kommentare etc.

- Namentlich bei einem monetär wertvollen digitalen Nachlass (wie bspw. Kryptowährungen) gewinnt die Frage nach dem Umgang mit diesem immer mehr an Brisanz.

Schwierig ist es insofern, als dass noch nicht einmal geklärt ist, ob der digitale Nachlass überhaupt vererblich ist oder nicht. Zumindest in der Schweiz fehlen Gerichtsurteile dazu. Es gibt Orientierungspunkte aus dem Ausland, aber vieles ist noch in Entwicklung. Mit anderen Worten: Es bestehen einige Tücken.

Anordnungen sind möglich mittels Verfügungen von Todes wegen, durch vertragliche Regelungen oder durch Vollmachten über den Tod hinaus. Dabei müssen jedoch stets die Eigenheiten der verschiedenen Kategorien (siehe Kasten) beachtet werden. Der Zugang zu einem Facebook-Konto etwa ist etwas ganz anderes als ein Bitcoin-Konto. Faktisch wichtig ist der Zugang zum E-Mail-Konto, das für Onlinedienste genutzt wird und welches es auch für das Zurücksetzen von Passwörtern braucht.

Nicht zwingend: 2018 erwirkten in Deutschland Erben durch ein Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs, dass Facebook ihnen Zugang zum Benutzerkonto der Verstorbenen gewähren musste. Meist halten die Anbieter solcher Konten und Profile in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen fest, was nach dem Tod einer Nutzerin oder eines Nutzers mit diesen passiert. Doch muss die Gültigkeit solcher Regelungen im Einzelfall stets geprüft werden. Dass viele der Anbieter ihren Sitz ausserhalb der Schweiz haben, macht die Sache nicht leichter. Von Vorteil ist, wenn die Erbinnen und Erben über die Zugangsinformationen verfügen und sich dadurch faktisch Zugriff auf die Konten verschaffen können.

In der Lehre ist unklar, ob Kryptowährungen und damit Bitcoins vom Erbrecht erfasst sind. Die Schwierigkeit besteht darin, dass Bitcoins gemäss heutiger Definition keine \"Sachen\" sind. Folglich gibt es auch kein Eigentum an Bitcoins. Da Bitcoins in verschiedener Form gehandelt werden, bestehen gegenüber den Anbietern auch unterschiedliche Ansprüche.

Fest steht, dass selbst das Erbrecht den Erben nicht zum Digitalgeld verhilft, wenn sie die Zugangsdaten nicht kennen. Die Zugangsinformationen müssen daher sicher aufbewahrt werden und den Erbinnen und Erben, wie bereits erwähnt, nach dem Tod zur Verfügung stehen.

Lokal auf Computer, Tablets, Smartphone, USB-Sticks etc. abgespeicherte Fotos sind Eigentum des Erblassers/der Erblasserin und gehen auf die Erbinnen und Erben über. Bei ausschliesslich auf der Cloud abgespeicherten Fotos ist dieser Übergang nicht zwingend. Dennoch vertritt die Lehre die Ansicht, dass Erben zum Zugriff auf die Cloud und die dort gespeicherten Inhalte berechtigt sind. Bezüglich der tatsächlichen Zugriffsmöglichkeit gilt das vorher bereits Gesagte.

Da rund um die Vererblichkeit des digitalen Nachlasses und damit Ihrer Berechtigung am Nachlass Ihrer Mutter diverse Unsicherheiten bestehen, kann die Durchsetzung der Berechtigung tatsächlich sehr aufwendig und kostspielig werden.

Eine pauschale Antwort zur Sicherheit dieser Dienste ist schwierig. Es ist sicherlich Vorsicht geboten. Wie sonst auch gibt es auch hier seriöse Anbieter und schwarze Schafe.

Da es ratsam ist, die Regelung des digitalen Nachlasses auf die Planung des übrigen Nachlasses abzustimmen, sollte ein Nachlassplanungsspezialist oder eine Fachanwältin respektive Fachanwalt Erbrecht aufgesucht werden. Je nach Kategorie des zu regelnden digitalen Nachlasses kann ein Beizug von weiteren Fachpersonen, wie bspw. Blockchain- und Immaterialgüterrechtsspezialisten, sinnvoll sein.

Der häufigste Fehler dürfte sein, dass die Leute ihren digitalen Nachlass schlichtweg vergessen. Unser Tipp: Machen Sie sich Gedanken, was Sie an digitalem Nachlass hinterlassen und auf welche Inhalte Ihre Hinterbliebenen Zugriff haben sollen. Stellen Sie die Informationen, also Benutzernamen und Passwörter, zu diesen Inhalten zusammen und stellen Sie sicher, dass die Berechtigten nach Ihrem Tod an diese Angaben gelangen. Damit wird den Hinterbliebenen überhaupt die faktische Möglichkeit eingeräumt, auf den digitalen Nachlass zuzugreifen. Lassen Sie sich bei Unklarheiten beraten.

Haben Sie weitere Fragen zum digitalen Nachlass? Überlegen Sie sich, Helvetas in Ihrem Testament zu begünstigen?

Nehmen Sie unverbindlich mit Karin Wecke Kontakt auf. Sie ist bei Helvetas für Legate zuständig.

Kontakt: 044 368 65 78 oder karin.wecke@helvetas.org.

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