Humanitarian Aid Switzerland  | © Keystone/Anthony Anex

Jetzt erst recht!

Elf gute Gründe für eine Starke Entwicklungshilfe
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Die Schweiz hat eine neue Strategie für die internationale Zusammenarbeit (IZA). Darin sind die Schwerpunkte festgelegt für die Entwicklungszusammenarbeit, die humanitäre Hilfe, den internationalen Klimaschutz sowie die weltweite Förderung des Friedens und der Menschenrechte. Das Ziel ist die Beendigung der Armut und die Unterstützung einer nachhaltigen Entwicklung weltweit. Nicht aus Goodwill, sondern weil es unsere Bundesverfassung vorgibt.

Für die IZA setzt die Schweiz pro Jahr 2,8 Milliarden Franken ein. Das sind 3% des 91-Milliarden-Budgets des Bundes, und es ist rund die Hälfte des UNO-Ziels von 0,7% der jährlichen Wirtschaftskraft (BNE) eines Landes. Aufgrund der militärischen Aufrüstung setzte sich 2024 eine Mehrheit im Parlament für empfindliche Kürzungen bei der Entwicklungszusammenarbeit ein.

Kurz vor Weihnachten debattiert das Parlament erneut über Sparmassnahmen. Helvetas zeigt, weshalb Kürzungen zu kurz gedacht sind, und warum es sich gerade jetzt lohnt, in in Demokratie, Frieden und weltweiten Klimaschutz zu investieren.

«Vertreibung, Hunger und die Erderhitzung können uns nicht kalt lassen»

Globale Herausforderungen

Nach Jahrzehnten des Fortschritts sorgte die Corona-Pandemie für den grössten Rückschlag in der weltweiten Armutsbekämpfung seit 1990. Der russische Angriffskrieg und bewaffnete Konflikte verschlimmern die Lage zusätzlich. Heute sind 122 Millionen Menschen auf der Flucht. Über 305 Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf humanitäre Hilfe angewiesen – die internationale Unterstützung reicht jedoch nur für knapp zwei Drittel dieser Menschen. Zudem erschweren Extremwetterereignisse aufgrund der Klimaerhitzung die weltweiten Bemühungen für Ernährungssicherheit: Jeder zehnte Mensch auf der Erde ist von Hunger betroffen.

«Der globale Einbruch bei der Entwicklungshilfe ist beispiellos»

Weltweite Kürzungen

Die USA haben ihre Entwicklungshilfe massiv zusammengestrichen. Expert:innen befürchten, dass dies in den kommenden fünf Jahren über 14 Millionen Menschen das Leben kosten wird. Europäische Länder wie das Vereinigte Königreich, Frankreich und Deutschland kürzen ebenfalls beim internationalen Engagement. Insgesamt geht die weltweite Entwicklungszusammenarbeit 2025 bis zu 17 Prozent zurück – zusätzlich zu den 10%, die 2024 eingespart wurden. Für die ärmsten Länder bricht damit allein in diesem Jahr ein Viertel der Entwicklungshilfe weg. Dieser negative Trend wird anhalten, trotz des weltweit rapide steigenden humanitären Bedarfs.

«Die Welt rüstet auf, die Schweiz hat andere Trümpfe»

Komparativer Vorteil

Ein zentraler Grund für die europäischen Kürzungen bei der internationalen Zusammenarbeit ist die russische Vollinvasion der Ukraine. Die NATO will deshalb ihre Militärausgaben bis 2035 auf 5% des BNE mehr als verdoppeln. Da viele Länder stark verschuldet sind, kürzen sie in anderen Bereichen, etwa beim Service Public und dem Klimaschutz oder beim humanitären Engagement und der Entwicklungszusammenarbeit. Dabei sind die weltweiten Militärausgaben mit gut 2,7 Billionen US-Dollar bereits heute schon rund 14-mal höher als jene für Entwicklungszusammenarbeit und internationalen Klimaschutz. Die Schweiz kann ihren Betrag für mehr Sicherheit und Frieden in Europa leisten, indem sie die europäische Aufrüstung mit überdurchschnittlichen Investitionen in die Förderung demokratischer Werte, der Menschenrechte und von Klimaschutz sinnvoll und effektiv ergänzt.

«Internationale Zusammenarbeit bringt der Schweiz handfeste Vorteile»

Eigener Nutzen

Die Schweiz unterstützt andere Länder aus Solidarität, aber auch aus Verantwortung und im eigenen Interesse. Denn erstens profitiert die Schweizer Wirtschaft: Die internationale Zusammenarbeit (IZA) hilft Schweizer Unternehmen, neue Märkte zu erschliessen, indem in den entsprechenden Ländern politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen verbessert werden. Zweitens geht die IZA globale Herausforderungen wie Klimawandel, Pandemien und Artenschwund an – das kommt auch unmittelbar der Schweiz und ihrer Bevölkerung zugute. Und drittens fördert die IZA weltweit Frieden und Stabilität, indem sie in armen und krisengeschüttelten Ländern Perspektiven schafft, damit sich die Menschen eine Zukunft vor Ort aufbauen können.

«Die positive Wirkung der Entwicklungsprojekte ist erwiesen – und erfreulich gross»

Grosser Impact

Unabhängige Evaluationen bescheinigen der internationalen Zusammenarbeit (IZA) eine Erfolgsquote von durchschnittlich 80%. Und das, obwohl Entwicklungsprogramme naturgemäss in strukturschwachen, armen und häufig auch unsicheren Regionen durchgeführt werden. Entwicklungsprogramme werden kontinuierlich auf die Bedürfnisse der Menschen vor Ort abgestimmt, um die bestmögliche Wirkung zu erzielen. So hilft die IZA in vielen Ländern mit, bessere Lebensperspektiven zu schaffen und die Folgen der Erderwärmung und von Konflikten und Krisen abzumildern. Ohne Entwicklungszusammenarbeit sähe es deutlich schlimmer aus. Das Parlament und der Bundesrat sollten dies anerkennen. Und die Bevölkerung der Schweiz darf stolz darauf sein.

«Das Geld aus der Schweiz stärkt die Stimme der Vernunft»

Starke Zivilgesellschaft

Populistische und autokratische Regierungen sind seit 25 Jahren auf dem Vormarsch Über 130 Länder haben in den vergangenen drei Jahrzehnten Restriktionen gegen (internationale) NGOs eingeführt. Dadurch wird es für NGOs zunehmend schwierig bis unmöglich, zu Menschenrechten und Geschlechtergerechtigkeit, zu Korruptionsbekämpfung und Umweltschutz zu arbeiten. Aufmerksame und ehrgeizige Gruppierungen, die mit international tätigen NGOs zusammenarbeiten, sind Repressionen ausgesetzt, und Menschen persönlich gefährdet. Doch je mehr sich Regierungen von demokratischen Werten verabschieden, desto wichtiger ist eine unabhängige, informierte und engagierte Zivilgesellschaft als Sprachrohr benachteiligter Bevölkerungsgruppen und als Beobachterin von Menschenrechtsverstössen.

«Internationale Migration positiv gestalten anstatt verhindern»

Menschenwürdige Migration

Migration kann und soll nicht «eingedämmt» werden, sondern soll, wo sie stattfindet, sicher und human gestaltet werden. Das macht die internationale Zusammenarbeit (IZA): So trägt die Schweiz dazu bei, Grundbedürfnisse zu sichern, Bildung, Gesundheit und Frieden zu fördern, die Menschen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen und die Zivilgesellschaft zu stärken. Wo das gelingt, haben Menschen keinen Grund, ihre Heimat zu verlassen. Und überall dort, wo Menschen fliehen müssen, leistet die Humanitäre Hilfe einen Beitrag zum Schutz der Menschen auf der Flucht.

«Das Klimaproblem klein reden, macht es nicht kleiner»

Gemeinsamer Klimaschutz

Bereits heute sehen wir: Die Klimaveränderung verknappt das Wasser, gefährdet die Ernährungssicherheit und richtet immer grössere wirtschaftliche Schäden an. Besonders betroffen sind arme Bevölkerungsteile, Minderheiten und Frauen in Entwicklungsländern. Im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit leistet die Schweiz existenzsichernde Unterstützung. Dabei stärkt die sie nicht nur die Widerstandsfähigkeit der Menschen, etwa durch die Förderung von wassersparender, ökologischer Landwirtschaft, den Bau von Küstendeichen und Wasserreservoirs oder ein vorausschauendes Katastrophenmanagement. Die Entwicklungszusammenarbeit trägt auch zur Reduktion der Treibhausgasemissionen bei, z.B. durch die Förderung von Solarenergie und nachhaltigen Wertschöpfungsketten, E-Mobilität und eine CO2-armeund lebenswerte Stadtentwicklung. Das nützt auch der Schweiz, die sich überdurchschnittlich rasch erhitzt und selbst immer stärker mit Extremwetterereignissen zu kämpfen hat.

«Wenn die linke Hand gibt und die rechte Hand nimmt»

Mangelnde Kohärenz

Immer wieder werden wichtige Erfolge der Entwicklungshilfe untergraben: So finanzieren Schweizer Banken klimaschädliche Gas- und Kohleprojekte im Ausland. Und der verschwiegene Finanzplatz fördert das Verschieben von Gewinnen aus ärmeren Ländern sowie private Steueroptimierung, durch welche viele Entwicklungsländer jedes Jahr wichtige Steuermittel verlieren. Die UNO spricht in diesem Zusammenhang vom negativen Spillover. Dass die Schweiz den weltweit zweithöchsten Spillover aufweist, hat auch damit zu tun, dass wir mit unserem grossen Klimafussabdruck auf Kosten der Ärmsten und des Planeten leben. Ein Umdenken tut Not.

«Menschliche Sicherheit, nicht Waffen machen die Schweiz sicherer»

Umfassende Sicherheit

Sicherheit wird nicht nur mittels militärischer Aufrüstung erreicht. Vielmehr muss Sicherheit umfassend gedacht und erreicht werden: Es gibt weitere Bedrohungen, das hat die Covid-Pandemie gezeigt. Regionale Konflikte, plötzliche Epidemien und extreme Wetterereignisse lassen seit einigen Jahren Lebenshaltungskosten, Ungleichheit und die Staatsschulden ärmerer Länder ansteigen. Und sie verschärfen den weltweiten Hunger und unfreiwillige Wanderungsbewegungen in Ländern des Südens. Vor diesem Hintergrund muss die Schweiz für mehr Stabilität und Sicherheit umso stärker in ihre internationale Zusammenarbeit investieren.

«Die Schweiz ist reich genug, um sich keine Armut zu leisten»

Zukunfts-Investition

Die aktuellen Sparmassnahmen sind in der gegenwärtigen Lage ein gefährliches Spiel. Denn die Welt steht vor zahlreichen und komplexen Herausforderungen: Jetzt nicht zu handeln, kostet in Zukunft mehr. Die Frage ist nicht, ob wir in eine nachhaltige und stabile Welt ohne Armut und Leid investieren können, sondern ob wir es wollen.

Möchten Sie sich im Thema vertiefen? 
Dann lesen Sie hier unseren ausführlichen Blogbeitrag zur Internationalen Zusammenarbeit und warum es sie mehr braucht denn je. 

Weitere spannende Inhalte finden Sie im entwicklungspolitischen Blog «Polit-Sichten».

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Ja zur Ukraine-Unterstützung – aber nicht zulasten der Internationalen Zusammenarbeit