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12. April 2022

Schweiz boostert Entwicklungsausgaben mit überschüssigen Impfdosen

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Die Schweiz ist nach wie vor weit entfernt vom international verankerten Ziel von 0.7% der Wirtschaftsleistung für die öffentlichen Entwicklungsausgaben: Im Jahr 2021 stieg ihr Beitrag gemäss den heute publizierten Zahlen nur geringfügig von 0.48% auf 0.51% des Bruttonationaleinkommens (BNE) an. Dazu beigetragen haben auch die angerechneten, aber nicht transparent offengelegten Spenden von überschüssigen Impfdosen.

Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.

Die Welt befindet sich im Krisenmodus – Klimakrise, Coronakrise, Schuldenkrise und nun auch noch der Krieg in der Ukraine, der die Nahrungsmittel- und Energiepreise vielerorts drastisch steigen lässt. All diese Krisen haben massive negative Auswirkungen in den ärmsten Ländern dieser Welt: Sie führen zu steigender Armut, zu Hungersnöten und letztlich auch zu politischen Unruhen, Fragilität und Gewalt.

Anstatt endlich ihrer globalen Verantwortung nachzukommen, fokussieren die reichen Staaten weiter­hin vor allem auf kurzfristige nationale Eigeninteressen, wobei sie diese nun gekonnt als Altruismus zu tarnen versuchen. So beschloss der Entwicklungsausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD DAC), dass Impfdosen, die an ärmere Länder abgetreten wurden, den Entwicklungsausgaben zum Referenzpreis von 6.72 USD pro Impfdosis angerechnet werden dürfen. Andreas Missbach, Geschäftsleiter von Alliance Sud, sagt dazu: «Dies ist ebenso absurd wie skrupellos. Diese Impfdosen wurden nie im Interesse der ärmeren Länder gekauft − im Gegenteil, die überrissenen Käufe von Impfdosen in der Schweiz und in reichen Ländern führten dazu, dass sie in den am schwersten betroffenen Entwicklungsländern fehlten.»

Internationaler Zielwert immer noch nicht erreicht

Auch die Schweiz peppt ihre Entwicklungsausgaben (im OECD-Slang Aide publique au développe­ment, APD) auf dem Papier auf. Im Unterschied zu anderen Ländern legt die Schweiz aber nicht einmal offen, wie stark die überschüssigen Impfdosen die Entwicklungsausgaben geboostert haben. Die Ausgaben für Asylsuchende in ihrem ersten Aufenthaltsjahr, die unsinnigerweise ebenfalls der APD angerechnet werden, machen 9.4% der Schweizer Entwicklungsausgaben aus. So schafft es die Schweiz zwar, ihre Quote im Vergleich zum letzten Jahr etwas aufzumöbeln, sie liegt aber nach wie vor weit unter dem international vereinbarten Zielwert von 0.7%. Die Schweiz ist im OECD-Ranking auf Platz 8, hinter Luxemburg, Norwegen, Schweden, Deutschland, Dänemark, Niederlande und Frankreich.

«Die Schweiz muss endlich einen angemessenen Beitrag an die Armutsbekämpfung und für nachhal­tige Entwicklung leisten. Dies nicht nur aus Solidarität mit den Menschen in ärmeren Ländern, son­dern auch im Interesse von uns allen, denn ohne die Reduktion der globalen Ungleichheit und ohne Klimaschutz wird es auf diesem kleinen Planeten noch ungemütlicher», sagt Andreas Missbach von Alliance Sud.

Für weitere Informationen:

Andreas Missbach, Geschäftsleiter Alliance Sud, Tel. +41 31 390 93 30,
E-Mail: andreas.missbach@alliancesud.ch

Marco Fähndrich, Medien und Kommunikation, Tel. +41 79 374 59 73,
E-Mail: marco.faehndrich@alliancesud.ch