© Franz Thiel / Helvetas
Zürich - 03. Oktober 2022

Studie belegt chronische Auswirkungen der Pandemie auf ärmere Länder

© Franz Thiel / Helvetas

Mit einer internationalen Studie haben europäische NGOs, darunter Helvetas, die langfristigen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Entwicklungsländer untersucht. Bereits benachteiligte Familien haben sich bis heute wirtschaftlich mehrheitlich nicht davon erholt. Sie leiden unter tieferen Einkommen, schlechterer Ernährung und Bildungsdefiziten. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

Eine in 18 Ländern durchgeführte Studie zeigt auf, wie hart benachteiligte Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika von den Auswirkungen der Corona-Pandemie getroffen wurden. Durchgeführt wurde die Befragung von über 8000 Menschen vom NGO-Netzwerk „Alliance2015“, dem sieben europäische Organisationen, darunter Helvetas, angeschlossen sind. Vor anderthalb Jahren hatte das Netzwerk eine erste Studie zu den unmittelbaren Folgen von Corona publiziert. Die aktuelle Nachbefragung zeigt, dass es in Entwicklungsländern, anders als bei uns, seither keine Erholung für die Menschen gegeben hat.  Die langfristigen Folgen von Corona haben bereits bestehende Ungleichheiten vergrössert und die Widerstandsfähigkeit derjenigen, die schon in Armut lebten, untergraben. Sie sind jetzt kaum mehr in der Lage, auf die durch den Krieg gegen die Ukraine steigenden Lebensmittel- und Energiepreise zu reagieren, oder auf Dürren und Überschwemmungen als Folgen des Klimawandels. 

Weniger Einkommen – neue Bewältigungsstrategien

Über die Hälfte der Befragten (53%) erzielen wegen Corona weniger Einkommen, und 57% der Haushalte berichten, nicht genug Geld für Essen zu haben. Informelle Hilfsnetzwerke haben dadurch an Bedeutung gewonnen, und die Betroffenen mussten neue Strategien entwickeln, um durchs Leben zu kommen. 56% der befragten Frauen und Männer berichten, sie müssten vermehrt – vor allem beim Essen – sparen, Geld von Bekannten ausleihen (43%) oder Hilfe vom Staat oder von NGO annehmen (34%). Von denjenigen, die Schulden gemacht hatten, konnte lediglich knapp ein Viertel den ganzen Betrag zurückzahlen.

Schlechter Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung

Die Pandemie hat Kinder im schulpflichtigen Alter besonders hart getroffen. Vielerorts wurden die Schulen geschlossen, teilweise bis zu sechs Monaten. Weniger als die Hälfte der Kinder der befragten Familien haben während der Pandemie die Schule besucht. Die meisten darunter haben Homeschooling von Eltern oder Geschwistern erhalten. Viele Familien können es sich zudem jetzt nicht mehr leisten, ihre Kinder zur Schule zu schicken.

Nicht nur die Bildung der Kinder hat stark gelitten. Weil in vielen Schulen sanitäre Einrichtungen zur Verfügung stehen und Mahlzeiten abgegeben werden, hatten die Schliessungen auch negative Auswirkungen auf die Ernährung und Gesundheit der Kinder. 

Eine ähnlich problematische Situation lässt sich im Gesundheitssektor beobachten. Zwar findet fast die Hälfte der Befragten, dass die Gesundheitsversorgung sich seit Beginn der Pandemie verbessert hat. Aus finanziellen Gründen können allerdings viele kaum oder gar keine medizinischen Untersuchungen mehr in Anspruch nehmen. Lange Wartezeiten, Angst vor einer Corona-Ansteckung oder auch weite Wege zu den Gesundheitseinrichtungen sind zusätzliche Gründe, wieso viele Menschen nicht zum Arzt oder zur Ärztin gehen.

Die internationale Gemeinschaft ist gefragt

Die NGOs der Alliance2015 appellieren an ihre Regierungen, die Unterstützung zu Gunsten ärmerer Länder zu vestärken. In der Schweiz hat Helvetas einen Appell für globale Gerechtigkeit lanciert und schlägt angesichts der Mehrfachkrisen ein Bündel von Massnahmen vor, um der Armut zu begegnen. Der grösste Bedarf besteht akut bei der Lebensmittelhilfe, die dringend ausgeweitet werden muss.

 

Die aktuelle Studie zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie in Entwicklungsländern ist hier einsehbar

Kurzfassung der Studie

Vorgänger-Studie (2021)

Globaler Appell für globale Gerechtigkeit von Helvetas

Für Rückfragen:

Medienverantwortliche Helvetas
Katrin Hafner