11. Februar 2021

Lippenbekenntnisse statt nachhaltiger Entwicklung

Die vorgeschlagene Strategie Nachhaltige Entwicklung 2030 des Bundesrats ist dringend notwendig, trägt aber der globalen Bedeutung der Schweizer Innen- und Aussenpolitik nicht angemessen Rechnung: Sie ist unverbindlich, vage und wenig ambitioniert. Alliance Sud verlangt in ihrer Vernehmlassungsantwort grundlegende Verbesserungen.

Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.

Die Schweiz muss einen massgeblichen Beitrag zur globalen nachhaltigen Entwicklung leisten – aus Gründen der Solidarität und Verantwortung, aber auch aus Eigeninteresse. Vor sechs Jahren betonte die damalige Bundespräsidentin in New York vor der UNO, die «Sustainable Development Goals» (SDGs) müssten nun auch wirklich umgesetzt werden. Der längst fällige Entwurf der Strategie Nach-haltige Entwicklung (SNE) 2030 löst dieses Versprechen aus mehreren Gründen nicht ein:


Unverbindlich
Der einseitige strategische Fokus auf das Prinzip der Freiwilligkeit und auf Deregulierungsmassnah-men ist nicht zielführend. Verlangt ist eine intelligente Mischung aus Anreizen und verbindlichen Re-gulierungen, insbesondere auch zur Reduktion der CO2-Emissionen des Finanzplatzes und zur Stär-kung der Unternehmensverantwortung. Zudem sollten systematische Ex-ante-Folgenabschätzungen beurteilen, wie sich neue Gesetze auf alle relevanten Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung auswirken werden.


Vage
Verschiedene Ziele der Strategie sind vage und unverbindlich formuliert, zum Beispiel wenn es um Ziel 16 der Agenda 2030 geht, welches auf die Stärkung des Friedens, der Menschenrechte, der Zivilgesellschaft und ihrer demokratischen Teilhabe fokussiert. Der Handlungsspielraum der Zivilge-sellschaft wird in zahlreichen Ländern – auch in der Schweiz – zunehmend eingeschränkt. Der Bei-trag der Zivilgesellschaft muss deshalb über geeignete Ziele und Massnahmen wesentlich gestärkt werden. Dringend erforderlich ist auch eine stärkere Ausrichtung auf die legitimen Ansprüche der ärmsten und am stärksten benachteiligten Bevölkerungsgruppen der Entwicklungsländer.


Wenig ambitioniert
Im Kampf gegen unlautere internationale Finanzflüsse fehlen ambitioniertere Ziele und griffige Mass-nahmen auch auf nationaler Ebene. Gewinnverschiebungen und aggressive Steuervermeidung ent-ziehen ärmeren Ländern Finanzmittel in mehrstelliger Milliardenhöhe, die sonst von diesen Ländern eigenverantwortlich zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung eingesetzt werden könnten. Als einer der weltweit führenden Finanzplätze und Konzernstandorte steht die Schweiz in einer ganz be-sonderen Verantwortung.
Alliance Sud bedauert, dass es der Bundesrat mit seinem Entwurf bisher verpasst hat, dem interna-tionalen Rahmen der SDGs ein würdiges und kohärentes Pendant auf nationaler Ebene zur Seite zu stellen und institutionell zu verankern. «Wir haben keine Zeit mehr für Lippenbekenntnisse: Sechs Jahre nach der Verabschiedung der Agenda 2030 müssen den schönen Worten endlich Taten fol-gen», sagt Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud. «Sämtliche Ziele und Massnahmen der neuen Strategie müssen sowohl zur nachhaltigen Entwicklung in der Schweiz beitragen als auch die Entwicklungschancen der ärmsten Menschen der Welt stärken.»


Weitere Informationen:

Mark Herkenrath, Geschäftsleiter Alliance Sud, +41 78 699 58 66
Die vollständige Vernehmlassungsantwort von Alliance Sud finden Sie hier.