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26. Oktober 2020

Ja zur Konzernverantwortung fördert Gerechtigkeit in Entwicklungsländern

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Am 29. November entscheiden die Stimmberechtigten, ob Konzerne in der Schweiz auch für Schäden geradestehen müssen, die sie im Ausland anrichten. Für Alliance Sud ist klar: Die Konzernverantwortungsinitiative ist ein wichtiger Schritt, um Menschen im globalen Süden vor Willkür und Ausbeutung zu schützen.

Medienmitteilung der entwicklungspolitischen Dachorganisation Alliance Sud, die von Helvetas und anderen grossen Schweizer Hilfswerken getragen wird.

Die Konzernverantwortungsinitiative verlangt, dass Konzerne mit Sitz in der Schweiz weltweit die Menschenrechte und anerkannte Umweltstandards einhalten. Wenn sie trotzdem Menschenrechte verletzen oder die Umwelt zerstören, sollen sie vor einem unabhängigen Gericht in der Schweiz dafür geradestehen – also in dem Land, wo der Hauptsitz des Konzerns die relevanten Entschei­dungen trifft. Verantwortungsvoll zu handeln ist eine Selbstverständlichkeit, doch die Praxis sieht zu oft anders aus. Die entwicklungspolitische Denkfabrik Alliance Sud kämpft schon seit der Lan­cierung der Petition «Recht ohne Grenzen» konsequent für die gesetzliche Verankerung einer Sorgfaltspflicht für international tätige Unternehmen mit Sitz in der Schweiz.

«Während die grosse Mehrheit der Schweizer Unternehmen verantwortungsvoll wirtschaftet, ver­schaffen sich einzelne Konzerne auf haarsträubende Weise Konkurrenzvorteile; sie gefährden damit auch Fortschritte, die der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit zu verdanken sind», sagt Mark Herkenrath, Geschäftsleiter von Alliance Sud und Mitglied des Initiativkomitees. Der Gegen­vorschlag des Bundesrates sei eine durchsichtige Alibiübung, fügt er hinzu: «Er verpflichtet auch die skrupellosesten Konzerne bloss darauf, in jährlichen Hochglanzbroschüren ihre Menschen­rechtspraktiken zu beschönigen.»

Die Gegner der Initiative operieren im Abstimmungskampf mit falschen Behauptungen und Angst­mache. Aus entwicklungspolitischer Sicht ist klar:

-         Konzerne, die Menschenrechte und Umweltschutz verletzen, fördern die nachhaltige Entwicklung nicht, sondern schaden ihr. Wirtschaftliche Entwicklung und die konsequente Durchsetzung internationaler Menschenrechts- und Umweltstandards stehen nicht im Wider­spruch zueinander, sondern ergänzen sich gegenseitig. Seit Jahrzehnten versuchen die Ver­einten Nationen darum, den Bereich «Unternehmen und Menschenrechte» so zu regeln, dass legitime Interessen in ein Gleichgewicht gebracht werden. Ein diesbezüglicher Meilenstein wa­ren die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, die der UN-Menschenrechtsrat 2011 einstimmig verabschiedete. Die Staaten werden darin verpflichtet, dafür zu sorgen, dass Un­ternehmen unter ihrer Jurisdiktion die Menschenrechte einhalten.

-         Schweizer Konzerne haben grosse wirtschaftliche Interessen in Entwicklungs- und Schwellenländern und werden sich bei Annahme der Initiative keinesfalls von dort zurückziehen. Unternehmen, die bereits heute sorgfältig wirtschaften, wissen: Die Einhaltung der Menschenrechte und Umweltstandards schafft nur geringe Mehrkosten und erzeugt grosse Reputationsgewinne. In gewissen Sektoren (namentlich Rohstoffe) gibt es gar keine Möglichkeiten, ausserhalb von Ländern des globalen Südens tätig zu sein. Eine Umfrage bei den Finanzchefs von Schweizer Unternehmen zeigt klar, dass ein JA zur Initiative keinen Einfluss auf ihre Investitionen im Ausland haben wird.

-         Das Argument, nachstossende chinesische Konzerne gingen rücksichtsloser vor als Schweizer Konzerne, ist hochgradig zynisch: Es rechtfertigt vereinzelte Schweizer Ge­schäftspraktiken, die schlicht nicht tolerierbar sind. Notabene haben Länder wie Grossbritan­nien, die Niederlande oder Frankreich gesetzliche Regeln im Bereich Unternehmen und Men­schenrechte bereits in Kraft gesetzt; die EU arbeitet an einer entsprechenden Richtlinie.

Die Konzernverantwortungsinitiative ist massvoll und kann mit wenig bürokratischem Aufwand umgesetzt werden. Der internationale Reputationsschaden, den die Schweiz bei einer Ablehnung erleiden würde, wäre beträchtlich, denn die Initiative verlangt eine Selbstverständlichkeit: Schwei­zer Konzerne sollen nicht ungestraft bleiben, wenn sie dafür verantwortlich sind, dass Menschen vergiftet oder ganze Gemeinschaften vertrieben werden.

Weiterführende Informationen:

Editorial von Mark Herkenrath in der Alliance Sud-Zeitschrift «global» zur freien Verfügung.

Hintergrundinformation zur KVI auf der Alliance Sud-Website

E-Dossier zur KVI von Alliance Sud InfoDoc

Für weitere Auskünfte:

Mark Herkenrath, Geschäftsleiter Alliance Sud und Mitglied des Initiativkomitees,
Tel. 079 699 58 66

Katrin Hafner, Medienverantwortliche Helvetas, 
Tel. +41 44 368 67 79