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Die Rohingya in Cox’s Bazar

Helvetas unterstützt die Rohingya, die seit 2017 vor der Gewalt in Myanmar geflohen sind und in Flüchtlingslagern in Bangladesch leben. Der Zustrom von 1 Mio. Menschen belastet die benachbarten Gemeinden. Diese mussten bereits mit begrenzten Ressourcen und dem hohen Risiko von Naturkatastrophen zurechtkommen. Helvetas stärkt den sozialen Zusammenhalt der Gemeinschaften und die Selbstwirksamkeit von jungen Menschen. 
Von Franca Roiatti UND Kathrin Krämer
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«Wir sind neun Tage lang durch Felder und Wälder gelaufen, bevor wir in Bangladesch ankamen», erinnert sich Abdul Jalil. «Wir assen das Wenige, das uns die Menschen in den Dörfern gaben, die wir durchquerten.» Der junge Mann wollte in seiner Heimat Myanmar eine Ausbildung zum Lehrer beginnen, als die Gewalt seine Familie zwang, das Land zu verlassen. Heute ist Abdul Mitglied in einer von Helvetas gegründeten Jugendgruppe. Wie alle Rohingya in seiner Gruppe hofft auch Abdul, dass er eines Tages nach Myanmar zurückkehren kann. 

Jugendgruppen: Einsatz für die Gemeinschaft

Seit 2023 gibt es Jugendgruppen einerseits für junge Frauen und Männer aus den Lagern (ähnlich wie Bezirke innerhalb des weltweit grössten Flüchtlingslagers in Cox's Bazar, Bangladesch) sowie für jene aus den Aufnahmegemeinden in Ukhiya und Teknaf. Ziel der Jugendgruppen ist es, den sozialen Zusammenhalt zu fördern und effektive und rasche Hilfe bei Katastrophen zu ermöglichen. Ausserdem machen sich die jungen Menschen gemeinsam gegen Frühverheiratungen stark – ein Anliegen, das Abdul und seinen Kolleg:innen aus den Jugendgruppen besonders am Herzen liegt. Wo immer möglich, gibt es ausserdem Treffen und Austausch zwischen den Jugendgruppen. Damit wird ein stabiles, friedliches Miteinander der Rohingya und der Menschen in den benachbarten Gemeinden gefördert. 

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Abdul Jalil, 22, Mitglied der Jugendgruppe 11 und wohnhaft im Flüchtlingslager, tauscht sich mit seiner Kollegin Morjna Akter Mini, 19, aus der benachbarten Gemeinde aus. © Franca Roiatti

Rasche Hilfe bei Katastrophen

Wirbelstürme, Erdrutsche und Grossbrände sind für die Familien in den Lagern und den Gastgemeinden keine Seltenheit. Vor allem Brände kommen in den Flüchtlingslagern während der Trockenzeit wegen der vielen offenen Feuerstellen zum Kochen und der Bambusunterkünfte häufig vor. An regelmässigen Schulungen lernen die Frauen und Männer der Jugendgruppen, wie sie sich in Notfällen verhalten und den betroffenen Menschen am effektivsten helfen. Bei der jüngsten Katastrophe, als der Wirbelsturm «Remal» am 26. Mai über Bangladesch hinwegzog und mindestens 150'000 Häuser zerstörte oder beschädigte, konnten die Jugendgruppen telefonisch Informationen austauschen und die Menschen mit Hilfe von Lautsprechern anweisen, welcher Schritt als nächstes zu tun ist. Bei allen Katastrophen sorgen Abdul Jalil und seine Kolleg:innen dafür, dass die Direktbetroffenen rechtzeitig zu den Notunterkünften gelangen. Menschen mit eingeschränkter Mobilität erhalten besondere Unterstützung. 

«Wenn es einen Notfall gibt und die Menschen ihre Unterkünfte verlassen müssen, helfe ich den Älteren und denen, die sich nicht so schnell bewegen können. Ich bin stolz darauf, dass ich diese Möglichkeit habe.»

Abdul Jalil, 22 Jahre, Rohingya

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Informieren, helfen, schützen: Mitglieder einer Jugendgruppe üben für den nächsten Katastrophen-Einsatz. © Franca Roiatti

Gemeinsam gegen Frühehen

«Wir wissen, wie schlimm frühe Heiraten für die Mädchen sind, und wir wollen etwas dagegen tun», sagen sowohl die jungen Menschen aus den Lagern als auch aus den Gastgemeinden. Die Jugendgruppen gehen in interaktiven Theatern gehen diesen Missstand vor. 40 Minuten lang tragen die jungen Menschen verschiedene Geschichten vor: dieses Mal eine über ein junges Mädchen, das am Tag ihrer Hochzeit weint. Eine andere handelt von einem Mädchen, das sich mit seinem Vater streitet. Denn diesem passt es nicht, dass seine Tochter einer Jugendgruppe beigetreten ist und dort etwas über frühe Ehen lernt. Die grossen und kleinen Zuschauer:innen – Rohingya und Menschen aus den Gastgemeinden – beobachten das Geschehen auf der Bühne gebannt und sind bewegt von den traditionellen Rohingya-Liedern, die ebenfalls einen Platz im Theaterstück gefunden haben. 

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In interaktiven Theatern werden die Kinder und Erwachsenen aus beiden Gemeinschaften zum Thema frühe Heirat sensibilisiert.  © Franca Roiatti
«Wir besuchen die Familien, die in eine Frühheirat verwickelt sind, als Gruppe. So haben wir keine Angst vor ihren Reaktionen und können sie wenn nötig gemeinsam den Behörden melden.»

Roksana, 18 Jahre, Rohingya

Neben den Theateraufführungen sind die Gruppen in ihren Gemeinschaft aktiv. Gibt es Gerüchte, dass eine frühe Heirat bevorsteht, fangen die Mitglieder an, Informationen dazu zu sammeln – «wie Ermittler, die herausfinden müssen, was vor sich geht», sagt Abdul Jalil. Ein wichtiges Mittel, um Kinderheiraten zu verhindern, sei Bildung. Deshalb gibt Abdul Jalil den Kindern im Lager jeden Nachmittag Nachhilfe. Auch Roksana ist fest entschlossen, weiterhin zur Schule zu gehen. Sie hat gerade die sechste Klasse abgeschlossen, möchte aber bis zur 10. Klasse weiterlernen – nicht einfach, denn insbesondere in den Lagern ziehen es viele Familien vor, die Mädchen früh zu verheiraten. Roksana kämpft gegen dieses Schicksal an und hilft wiederum anderen Mädchen in ähnlichen Situationen. In ihrem Wunsch, weiter zu studieren, wird sie auch von Ramja Ali, einem jungen Mann aus der benachbarten Gemeinde, unterstützt. Stolz erzählt Ramja, dass ihnen gelungen ist, die Heirat eines 17-jährigen Mädchens zu verhindern, indem sie die Behörden informiert haben.

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Studium statt Heirat: Roksana ist bereit, für ihren grossen Traum zu kämpfen.  © Franca Roiatti
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Gemeinsam stark: Die Jugendgruppe-Miglieder im Gespräch mit einer Familie im Lager. © Franca Roiatti
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Ja, ich spende für faire Chancen

Die beruflichen Perspektiven für die jungen engagierten Frauen und Männer sind momentan sehr schwierig. In den Lagern kommt es ausserdem immer wieder zu Entführungen mit Lösegeldforderungen, nach Anbruch der Dunkelheit bleiben die meisten aus Angst vor Übergriffen zuhause. Umso mehr schätzen sie tagsüber den Austausch mit Gleichaltrigen und eine verbindende, sinnstiftende Aufgabe. 

«Bevor ich die Jugendgruppe aus Lager 11 kennenlernte, hatte ich keine gute Meinung von den Rohingya. Aber jetzt weiss ich, dass sie viel besser sind, als die Menschen in unseren Gemeinden annehmen.»

Morjna Akter Mini, 19, aus der Aufnahmegemeinde Hnila

Morjna Akter Mini, 19, aus der Aufnahmegemeinde Hnila, sagt, dass sie in der Jugendgruppe bereits sehr viel gelernt hat. Sie träumt davon, ihr eigenes Geschäft für Stickereien zu eröffnen. Im Moment ist Morjna froh, dass sie Stickerei unterrichten kann – wenn auch kostenlos. Ihre Schülerinnen sind alles Mädchen aus den Flüchtlingslagern, darunter eines mit Behinderung. 

In diesen Ländern ist Helvetas für vertriebene Menschen aktiv: Bangladesch, Bolivien, Burkina Faso, Äthiopien, Jordanien, Mali, Moldawien, Mosambik, Myanmar, Niger, Pakistan, Tunesien und Ukraine. 

Ihre Spende ermöglicht auf der ganzen Welt Nothilfe für Menschen, die von Katastrophen und humanitären Krisen betroffen sind.